Tobias: Musikvideo-Dreh mit der Nikon Z 9

Drehformate und Codec-Wahl


Dreherfahrungen mit der Nikon Z 9


Objektive und Zubehör


Nachbearbeitung


Pro und Contra zur Z 9




Testen wollte ich die Z 9 in einer echten Drehsituation. Mit einer befreundeten Band aus Esslingen, jamhed, entstand die Idee eines kleinen Low Budget-Musikvideos im Proberaum zum Song „Not There“. Gefilmt werden sollte bei Nacht in einem Proberaum ohne Lichteinwirkung von außen. Dabei sollte ein Teil der Deckenbeleuchtung genutzt werden. Als Keylight diente eine Amaran 200x mit Mini Dome II auf etwa 4300K sowie eine 100x als Aufheller für den Schlagzeuger und Spitzlicht für den Bassisten, etwas kühler auf etwa 5000K. Gefilmt wurde dabei auf 5600K, um die originale Lichtatmosphäre des Raums einzufangen.





Das „kaputte E-Girarren-Solo“ drehten wir im atmosphärischen Dusch- und Umkleidebereich eines angrenzenden Sportclubs als Lowlight-Situation. Der Key mit etwa 30% Output kam wieder von der 200x mit Mini Dome II als Modifyer. Hier auf 5600K geleuchtet und belichtet, um einen neutraleren Look zu kreieren.



Meine Motive waren neben den Bandmitgliedern auch die Instrumente und die sich schnell bewegenden Hände in Close-Ups.



Weitere Tests machte ich nach diesem Dreh mit meinem Vater, langjähriger Nikon-Nutzer, bei einer kleinen Foto-Tour durch die Stuttgarter Markthalle. Von meiner Frau machte ich Außenaufnahmen bei Tag in einem Park bei tiefstehender Sonne. Der Weißabgleich war dabei immer auf 5600K eingestellt. Motive waren hier vor allem Gesichter, mit und ohne Sonnenbrille, sowie die ausgelegten Waren in der Markthalle.


Drei Nikon Z 9 Lesertests aus der professionellen Praxis + Bekanntgabe des Z 9 Gewinners : nikonback






Drehformate und Codec-Wahl

Im Vorfeld zum Musikvideodreh machte ich einige Tests. Eine kleine Enttäuschung: bei 8.3K N-RAW (Videoqualität Normal) und 50p wurde die Aufnahme nach maximal 22 Sekunden unterbrochen. Bei 8.3K 25p war nach gut einer Minute Schluss. Das war praxisnaher, aber nichts für den geplanten Videodreh. War die mitgelieferte Karte zu langsam? Andere Reviewer scheinen dieses Problem nicht zu haben. (Anmerkung d. Red.: Leider ist es bei der Versendung zu einem Fehler gekommen, statt Angelbird Mark2 wurden versehentlich die langsameren Mark1-Karten beigelegt, welche nicht für 8K/60p geeignet sind.)



Meine Codec-Wahl fiel für den Musikvideodreh schließlich auf H.265 10-bit in 3840x2160 UHD mit 25p sowie N-Log als Gammakurve für den höchstmöglichen Dynamikumfang. Für den HEVC-Codec sprechen vor allem die kleinen Datenmengen bei sehr effizienter Kompression. So musste ich mir keine Gedanken um potenzielle Speicherplatzprobleme machen - obwohl ich keine Möglichkeit zum Backup hatte, konnte ich mit der für den Test beiliegenden 265GB CFexpress-Karte von Angelbird auskommen. Bei der Aufnahme in UHD nutzte ich außerdem das Extended Oversampling, um von der hohen nativen Auflösung zu profitieren.



Für die Testdrehs mit meinem Vater und mit meiner Frau nutzte ich hingegen N-RAW 8.3K. Lange Clips waren hier nicht notwendig und ich wollte das volle Videopotential der Z 9 testen.



Apple ProRes RAW testete ich wegen fehlender Kompatibilität mit DaVinci Resolve Studio nicht. Für einen externen Rekorder war kein Bedarf, die Aufnahmen fanden alle intern statt.





Dreherfahrungen mit der Nikon Z 9

Die Nikon Z 9 hat im Videobetrieb tadellos funktioniert. Mit dem verwendeten HEVC-Codec kam es erwartungsgemäß zu keinem Überhitzen und keinen Clip-Abbrüchen. Der große interne Akku hielt die drei Stunden spielend durch. Damit erfüllt die Z 9 meine Mindestanforderungen.


Drei Nikon Z 9 Lesertests aus der professionellen Praxis + Bekanntgabe des Z 9 Gewinners : musikvideodreh

Bei der Belichtung sehr hilfreich waren die Zebra- und Wafevorm-Anzeigen. Besonders praktisch fand ich das i-Menü. Mit dem Drücken auf den i-Button (oder die entsprechende Schaltfläche auf dem Touch-Display) lässt sich ein Shortcut-Menü aufrufen, das sich personalisieren lässt. Das erlaubt den Schnellzugriff auf Funktionen wie die Einstellung des Weißabgleichs, der AF-Modi oder der elektronischen Bildstabilisierung.



Viele Video-spezifische Funktionen sind nicht im Video-Menüpunkt aufgelistet, sondern im Custom Settings Menu. Etwa die Anpassung des i-Menüs, die Einstellung der AF-Geschwindigkeit oder die Aktivierung des „View Assist“-Modus – Nikons Rec.709-Darstellung im internen Monitor der Z 9 bei der Verwendung von N-Log. Zu beachten ist hierbei, dass die Rec.709-Darstellung nur für den internen Monitor und den Sucher gilt, allerdings nicht während des Clip-Playbacks. Auch der HDMI-Output erfolgt lediglich mit N-Log-Gamma, wenn in diesem aufgezeichnet wird. Wird ein externer Monitor verwendet, muss die Nikon Rec.709-LUT deshalb auf diesen geladen werden.



Bei der Nutzung von N-Log liegt übrigens die Minimal-ISO bei der Base ISO 800. Das SDR-Farbprofil erlaubt niedrige ISOs bis 64, in diesem Fall büßt man aber Dynamikumfang ein.



Auch die vielen Buttons an der Kamera lassen sich benutzerspezifisch einstellen. Hier fehlt mir allerdings eine dedizierte Einstellung zum Aktivieren und Deaktivieren der Waveform-Anzeige. Diese lässt sich lediglich einem Custom-Display zuweisen. Eine False Color-Anzeige wäre wünschenswert.



Auf eine Schärfezieheinrichtung wie einem Follow Focus oder einer Funkschärfe habe ich verzichtet. Ich wollte die Autofokus-Performance der Z 9 auf den Prüfstand stellen. Von diese war ich begeistert. Er lag treffsicher auf den Augen der Bandmitglieder oder den sich bewegenden Händen beim Spielen. Ob er in der gleichen Liga wie Canon und Sony spielt, kann ich schwer sagen. Zumindest aber ist er sehr nah dran.



Als Stabilisierung nutzte ich auch die interne Bildstabilisierung im Sport-Modus. Diese funktionierte sehr gut und erlaubte dynamische Bildbewegung, ohne aggressiv einzugreifen.





Objektive und Zubehör

Mit im Paket von Nikon waren das Nikkor Z 24-70mm f2.8 S und das Nikkor Z 35 f1.8 S.



Für den Musikvideodreh verwendete ich ausschließlich das 24-70mm. Es ist hervorragend ausgestattet, durchgehend lichtstark, hat ein sehr gutes Handling und eine herausragende Bildqualität. Das Gehäuse ist zwar aus Kunststoff, wirkt dabei aber sehr wertig und stabil. Besonders gut gefallen hat mir die geräuschlose Fokussierung des treffsicheren AFs. Für den Musikvideodreh zwar nicht allzu relevant, für den Test mit Original-Ton allerdings schon. Einen optischen Bildstabilisator hat das Nikkor Z 24-70mm f2.87 S zwar leider nicht, der oben beschriebene gute interne Bildstabilisator der Z 9 gleicht das aber aus.



Will man die Schärfe klassisch manuell ziehen, lässt Nikon bei diesem Objektiv einen linearen Schärfegang zu. Besonders toll - sogar der Drehbereich des Fokusrings und die Drehrichtung lassen sich einstellen!



Das Nikkor Z 35mm f1.8 S habe ich bei dem Testdreh in der Stuttgarter Markthalle benutzt. Auch hier überzeugt die Verarbeitung, die Bildqualität und die leise, treffsichere Autofokus-Performance.



Ich entschied mich gegen den Einsatz von Slidern oder einem Gimbal und wollte die Z 9 beim Musikvideodreh als Hand- und Schulterkamera nutzen. Mit einer Kamera in ständiger, leichter Bewegung wollte ich die intime Perspektive eines Gastes im Proberaum erzählen.


Drei Nikon Z 9 Lesertests aus der professionellen Praxis + Bekanntgabe des Z 9 Gewinners : handgriff



Im Paket von Nikon befand sich auch der MC-N10 Remote-Griff. Er bietet bequemen Zugriff auf alle für das Filmen wichtige Funktionen und die Hand muss dabei nicht mehr am Body sein – er ist also prädestiniert für den Einsatz am Schulterrig, am Haltegriff des Gimbals oder am Schwenkarm eines Stativkopfes. Das Blendenrad vorne ist „decklicked“. Mit Strom versorgt wird der Griff über zwei AA-Batterien. An die Z 9 angeschlossen wird der Griff mit einem beiliegenden USB-C-Kabel. Nahezu perfekt wäre der MC-N10, wenn ich auch die Funktion der Drehräder personalisieren könnte. Etwa die Blende am Rad hinten und am Rad vorne den Fokus. Gepaart mit den oben genannten Einstellungsmöglichkeiten beim manuellen Schärfeziehen wäre das eine fantastische Funktion.



Nikon stellte mir während des Testzeitraums auch ein Cage von SmallRig zu Verfügung. Da ich die Z 9 auf der Schulter nutzen wollte, war es mir wichtig, die Kamera mit zwei Schrauben an der Stativplatte zu befestigen. Ohne Cage ist das, wie bei DSLMs üblich, nicht möglich.



Als Schulterrig nutzte ich das LeftFIeld KASBAH System von Bright Tangerine. Der Riser der LeftField Universal 15mm LWS Baseplate lässt sich austauschen und bringt gängige Cinema Kameras auf die korrekte Höhe nach 15mm LWS-Standard. Für die Z 9 gibt es keinen dedizierten Riser, deshalb musste ich basteln: als „Riser“ nutzte ich die C70-DJI-Zhuyun-Aufnahme mit einer DJI-Stativplatte von SmallRig. Damit konnte ich die Z 9 zwar sicher auf der Baseplate befestigen, die korrekte Höhe zwischen dem optischen Zentrum der Kamera und den 15mm-Rods konnte aber nicht eingehalten werden. Dafür ist der Mount der Z 9 zu hoch. Das spielte für mich und meinem Setup aber keine Rolle. Den MC-N10 befestigte ich via Arri-Rosette am Verlängerungsarm des Rigs.


Drei Nikon Z 9 Lesertests aus der professionellen Praxis + Bekanntgabe des Z 9 Gewinners : nikonrig

Als externen Monitor nutzte ich den Atomos Shinobi. Dieser lässt sich bequem via HDMI mit dem HDMI-Output der Z 9 verbinden. Dankenswerterweise setzt Nikon hier auf Fullsize-HDMI.



Als Referenzton zum Anlegen nutzte ich das Azden SMX-30 im Mono-Modus. Das Heavy Lifting machte der Vorverstärker im Mikrofon, an die Z 9 ging dann bereits ein ausreichend laut gepegeltes Signal via 3,5mm Klinke und die Gain-Einstellungen der Z 9 konnten moderat gehalten werden.



Für das Nikkor 35mm 1.8 hatte ich einen passenden Vario-ND-Filter (MRC XS-PRO Digital Nano) von B+W. Da ich die vielen Nahen und Closeups beim Musikvideo aber mit dem 24-70mm auf 70mm und offenblendig mit f2.8 drehte, musste ich die Lichtintensität der Amarans anpassen. Diese Möglichkeit hatte ich bei den Außen-Testdrehs natürlich nicht. Ein hochwertiger ND-Variofilter ist, wie bei jeder anderen Kamera ohne interne NDs, also absolutes Pflichtzubehör.



Bei den Außendrehs nutzte ich die Z 9 ohne Cage, aber mit Sennheiser MKE-440 als Stereomikrofon.





Nachbearbeitung

Geschnitten und farbkorrigiert wurde mit der aktuellen Version von DaVinci Resolve Studio 18 auf einem MacBook Pro M1 Max. Während des Edits mit Resolve fand das Video-Monitoring auf dem farbkalibrierten XDR-Display des MacBooks statt, beim Grading kam eine DeckLink Mini Monitor 4K-Karte von Blackmagic Design zum Einsatz, die einen genormten Videofeed an einen LG OLED C8 ausgibt. Das Audio-Monitoring läuft über ein MOTU M2-Interface, das via XLR mit zwei Adam Audio Monitoren verbunden ist.



Beim Musikvideo arbeitete ich in einem DaVinci YRGB SDR-Workflow mit Rec.709 und Gamma 2.4. Für die Transformation von N-Log zu Rec.709 nutzte ich die Nikon-eigene Z 9 N-Log-Full to REC709-Full 33 V01-00 LUT im letzten Node meines Nodetrees auf Timeline-Ebene. Das Grading der einzelnen Clips ist minimal gehalten: leichte Belichtungsangleichungen (via Gain in einem Node mit Linear Gamma) und Farbanpassungen (ebenfalls mit dem Gain Color-Wheel in einem Node mit Linear Gamma).



Das UHD-H.265-Footage der Nikon Z 9 sieht hervorragend aus und bietet eine beeindruckende Detailabbildung. Hier macht sich das Oversampling bezahlt. Der Dynamikumfang ist solide, das Rauschverhalten sehr gut. Mit etwas Noise Reduction bei unterbelichteten Bildinhalten ist ein sehr sauberes Bild möglich. Der Edit des UHD-Materials in HEVC in einer 4K-Timeline war auf dem System wie erwartet problemlos und ohne Ruckler möglich.



Auch mit dem N-RAW 8.3K-Footage von den anderen kleinen Testdrehs lief der Edit auf der M1 Max Workstation erfreulicherweise in Echtzeit. Im Camera Raw-Tab in Resolve lassen sich unter anderem Einstellungen zur Farbtemperatur und Belichtung vornehmen sowie Farbraum und Gamma ändern – etwa in Linear statt N-Log. So kann dann via Color Space Transform in Resolve Studio bequem in andere Log-Profile transformiert werden, etwa ARRI Log C, falls dieser Workflow für das Projekt besser geeignet ist.



Bei dem Grading der N-RAW-Projekte setzte ich auf einen Color-managed Workflow auf Projektebene. Wegen den Metadaten der RAW-Dateien erkennt Resolve das verwendete Farbprofil und Gamma ohne explizite Zuordnung (wie es bei H.265 oder ProRes nötig ist) sofort und wandelt es ins gewünschte Output-Format um.



Schon das UHD mit Overtsampling sah toll aus. Aber N-RAW mit 8.3K bietet noch größere Flexibilität in der Postproduktion.





Pro und Contra zur Z 9

Was mir gut an der Kamera gefallen hat:



- Ausgezeichnete Bildqualität und sehr gutes Oversampling


- Große Auswahl an professionellen internen Codecs, allen voran N-RAW


- Angenehmes Handling des Bodys


- Sehr gute Akkulaufzeit


- Sehr gute Autofokus-Performance


- Geräuschlose Fokussierung bei Z-Objektiven


- Drehbereich und Drehrichtung des Fokusrings lassen sich bei Z-Objektiven anpassen


- Praktischer MC-N10 Remote-Griff


- Praktisches i-Menü



Was mir nicht so gut an der Kamera gefallen hat:



- Viele Video-spezifische Funktionen sind nicht im Video-Menüpunkt aufgelistet, sondern im Custom Setttings Menu


- Oversampling ist standardmäßig deaktiviert – warum?


- Clip-Abbrüche bei meiner CFexpress-Karte in 8.3K




- Trotz der zwei Kartenslots kein Dual Slot-Recording möglich



... sowie einige Kleinigkeiten:



- Die Waveform-Anzeige lässt sich (ohne Umweg über die Custom Displays) nicht dediziert auf einen Button legen


- Kein False Color


- Nur Shutter-Anzeige möglich, kein Angle


- Bei N-Log keine Rec.709-Darstellung während des Playbacks


- Bei N-Log keine Rec.709-Darstellung beim HDMI-Output


- Keine DCI-Formate



Überrascht hat mich die tolle Performance von N-RAW 8.3K-Footage auf dem MacBook Pro M1 Max.





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